Pornokino

das Resumée der Ausstellung

für knapp vier Wochen konnte wir im ‘Hans-A’ die Ausstellung ‘StudioX’ im Dezember 2024 und Januar 2025 zugänglich machen. Das Interesse an der Ausstellung war recht groß - nicht zuletzt durch die Tatsache, das die Verbindung von Sex und Kultur in der Medialen Darstellung recht gut funktionierte.

Sicher gab es auch die eine oder andere Person die die Bildsprache der Ausstellung falsch verstand und davon ausging, das im Hans-A jetzt eine neue Erotik-Darbietung zu bewundern sei. Das Gros der Besucher*Innen wusste aber schon sehr gut um dier Botschaft der Ausstellung und so manche/r hatte die eine oder andere Geschichte im Zusammenhang mit dem Kino zu erzählen. Für den Gesamteindruck habe ich hier noch mal eine Galerie mit der Dokumentation zur Ausstellung zusammen gestellt:

die Kombination von künstlerischen Werken und Versatzstücken des Pornokinos hat sich bewährt, den Anschluss an das Thema bei den Besucher*Innen leicht herzustellen. im Mittelteil des Schranks lief ein Loop aus Arbeiten von Silvia Liebig und Achim Zerpezauer und Passagen durch das Kino. Manchmal bildete sich eine Schlange vor dem Schrank weil mehr Leute die Filme sehen wollten als Platz in der Kabine vorhanden war.

Der Schrank selbst hatte mehrere Funktionen - er bot zum Einen Fächer für weitere Exponate, die Technik und er zeigte auch mehrere Bedeutungen:

Das Möbel spielt mit dem Coming-Out-Begriff ‘coming out of the closet’ (aus dem Schrank kommen) und fordert dazu auf, für eine Zeit wieder in den Schrank hinein zu gehen. Der Begriff des ‘Schrankschwulen’ für einen queeren Menschen der nicht in der Öffentlichkeit mit seiner Identität zu erkennen ist, ist mir noch aus den achtziger Jahren bekannt. Die Angst vor dem ‘Outing’ und den damit verbundenen Einbußen beim Ansehen und im öffentlichen Leben saß damals noch tief. SO lebten viele ihre Sexualität und Persönlichkeit in geschützten Räumen wie eben einem Pornokino oder schummerigen Bars. Der Gedanke, das von dort nichts hinaus in die Öffentlichkeit gelangen könnte, war oft ein trügerischer, so wie der Schrank in der Ausstellung auch nur zum Schein Sicherheit vermittelt - er ist nichts als eine hastig zusammen gezimmerte Hütte mit Ritzen in den Wänden. Jeder ahnt, was sich darin abspielt. Die Front des Schranks strahlt mit den Holz-Ornamenten bürgerliche Werte aus - wie auch der unerkannt bleiben wollende Homosexuelle sich oft eine Fassade des Normalen und Biederen zu geben versuchte.

Das Wandbild von Silvia Liebig greift noch mal zurück auf die Gründerzeit des Kinos, als es noch ein stattliches Permierenkino war. Eine Zeichnung des damaligen Zuschauerraums ist überlagert mit Details aus dem späteren Porniokino.

Im virtuellen Durchgang des StudioX lässt sich immer noch das alte Kino erkennen - die Deckenverkleidungen und ehemaligen Projektionsfenster sich immer noch vorhanden. Der Virtuelle Durchgang ist übrigens nicht nur eine Dokumentation des Kino kurz vor dem Abriss - es ist auch eine Medienarbeit, die mit Interviews zum Kino und Details angereichert ist. Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen und wird von Zeit zu Zeit um neue Quellen erweitert.

Hier geht es zum Virtuellen StudioX (Klick!)

Nach der Ausstellung sind teile der Exponate an das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte übergeben worden. Der Rest wurde für den Fall, das sich eine weitere Lokalität an dem Ausstellungskonzept oder einzelnen Elementen daraus interessiert, eingelagert worden.

StudioX im Hans-A - die heisse Phase!

Nur noch eine Woche bis zum Start der Ausstellung - der provisorisch aufgebaute Schrank ist wieder in seine Einzelteile zerlegt und mit dem Auto zum Ausstellungsraum ‘Hans-A’ in der Hansastraße transportiert. Alle anderen Exponate und Versatzstücke haben sich auch eingefunden. Jetzt wird sich zeigen ob die Ideen auch wirklich so zusammen passen und funktionieren wie wir uns das ausgedacht haben.

Am Donnerstag, zwei Tage vor Eröffnung der Ausstellung hatten wir eine Probe für das Dortmunder Sprech-Ensemble in der weitgehend eingerichteten Ausstellung anberaumt. Wir hatten zwar vorab auch schon mal in dem leeren Raum eine Probe abgehalten, die Akustik ist eingerichtet aber schon sehr anders und jetzt ließ sich natürlich auch leichter planen wo sich alle aufstellen und wie wir mit dem Schrank verfahren werden.

Bis zum Samstag gab es noch einiges an Feinarbeiten zu erledigen - es steckten noch Exponatre irgendwo auf dem Versandweg, Die Filme für die Monitore verhielten sich noch nicht so wie sie sollten - eben lauter Kleinkram, der unerwartet lang aufhält. Zu unserer Überraschung waren wir dann aber doch am Samstag Morgen mit allem fertig und mussten nur noch den Raum Staubsaugen. Dann konnte die Eröffnung kommen.

das Dortmunder Sprech-Ensemble zur Vernissage der Ausstellung

Vernissage kam und mit ihr viele Menschen - das Hans-A war gut gefüllt. Es war uns Gelungen, Dr. Peter Schmieder für die Einführung in die Ausstellung zu gewinnen - er hatte sich eine Rede mit überraschenden Twists zum Thema der Ausstellung ausgedacht.

Als der Zeitpunkt nahte, das das Sprech-Ensemble sprechen sollte, haben wir das Licht im Raum gelöst, so das nur der Schrank als Lichtquelle übrig blieb - und die kleinen Leseleuchten an den Klemmbrettern des Sprech-Ensembles. Sie standen im Kreis vor den geöffneten Türen des Schranks und performten den Text den wir aus den Interviews, den AMIGO-Geschickten und anderen Quellen zu Pornografie, Sexualität und Kino zusammen gebaut hatten.

Anschließend war es noch lange voll im Hans-A - es gab viel zu Fragen und zu erzählen - wir waren ziemlich zufrieden mit dem was wir da zusammen gebaut hatten.

Die Performance des Sprech-Ensembles lässt sich hier noch noch einmal anschauen/anhören:

Finde den Schrank (und vieles Andere)

Das Projekt gewann an Dynamik als wir begannen, uns mit der Doppelbödigkeit der Gesellschaft in den siebziger und achtziger Jahren zu beschäftigten. Die zu den Zeitpunkt aufgelaufenen Informationen brachten uns auf die Idee, das eine Art Beichtstuhl eine gute Möglichkeit sein könnte, die Heimlichkeit abzubilden, in der sich sexuelle Träume/Bedürfnisse und Prostitution abspielten. Eine Recherche ergab, das ein Beichtstuhl unseren finanziellen Rahmen sprengen würde. Dann fiel unser ‚Auge‘ auf ein Möbelstück, welches es in dieser Art fast nur in Deutschland der siebziger und achtziger Jahre gab: den Wohnzimmerschrank ‚Gelsenkirchener Barock‘. Diese Möbel gibt es mit einem Erker-artig vorspringenden Mittelteil, das dem Schrank ein Aussehen gab, das einem Beichtstuhl schon recht nahe kam. Ob sich ein solcher Schrank wohl begehbar, wie ein Beichtstuhl umbauen ließ?

Unsere Suche führte uns zu einem attraktiven Kandidaten im Münsterland - er sollte unsere Videokabine und Präsentationsobjekt werden. Bis es so weit sein würde, galt es aber, verschiedene Hürden zu überwinden. Solche Schränke sind nicht dazu gedacht, sie in Einzelteile zu zerlegen. Vielmehr sind es Module, die zusammengestellt und miteinander verschraubt werden.

Um das gute Stück aus der Wohnung des Verkäufers zu bekommen, mussten wir ihn leider auseinander schlagen. Zum Glück war das bei diesem Schrank weitgehend so möglich, das er sich auch nachher wieder zusammenbauen lassen würde. Bis wir auf den Ausstellungsort Zugriff hatten, machte der Bretterhaufen erst mal Zwischenstation im Keller des Künstlerhaus Dortmund. Dort wurden auch die ersten Umbauten vorgenommen, um einschätzen zu können ob wir das Ding als Videokabine für zwei bis drei Personen nutzen können würden. Die Zwischenergebnisse machten Hoffnung.

Jetzt hieß es, alles für die Ausstellung notwendige bis zum 10. Dezember zusammen zu bekommen. In Absprache mit dem Besitzer der Immobilie haben wir noch einmal den Ort betreten und Leuchtreklamen und andere Versatzstücke für die Ausstattung der Ausstellung entnommen.

Wir sollten eine Woche vor Start der Ausstellung die Schlüssel für den Ausstellungsort, ‚HansA‘ erhalten und hätten ab dem Termin nur wenige Tage Zeit um die Ausstellung einzurichten.